Projekt Respect

Projekt Respect

Projektbeschreibung

Das Projekt Respekt in Brackenheim ist beendet. Durch den partizipativen Charakter des Projekts, hat es sich im Prozess verändert. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen:

Projekt Respekt 336

Das Projekt Respekt war ein Community-Art-Projekt, das vom September 2017 bis Juli 2018 in Brackenheim durchgeführt wurde.
Die Besonderheit dieses Projektes war, dass das gesamte Projekt immer als Partizipationsprojekt gedacht und durchgeführt wurde und daher immer wieder Änderungen durch die Interessen und Ideen der Jugendlichen unterworfen war, jedoch möchten wir explizit an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das Projekt von Anfang an so ausgerichtet war, dass Veränderungen durch die Jugendlichen ausdrücklich gewünscht und wichtig für das Projekt waren.
Die Grundidee hinter dem Projekt ist, ein „Wir“-Gefühl in Brackenheim zu erzeugen, bzw. Respekt für die eigene Stadt und ihre Bewohner zu entwickeln, oder auf den Alltag heruntergebrochen: Begegnungen zwischen den verschiedenen Brackenheimern zu erzeugen und dadurch vielleicht auch die ein oder andere eigene Sichtweise zu hinterfragen und sich so neue Netzwerke und Horizonte zu erschließen.

Von September bis Dezember 2017 traf sich der Führungskreis des Projektes (bestehend aus Jugendreferat Brackenheim, , Offene Jugendarbeit Brackenheim und der Projektpartner Projektgruppe NewLimes und WIR e.V. ).
Das Projekt wurde so passgenau wie möglich für Brackenheim in diesem Gremium entwickelt in dem die beiden in Brackenheim verorteten Personen/Institutionen die lokalen Gegebenheiten erläuterten und die beiden künstlerisch verorteten Personen der Projektgruppe NewLimes und WIR e.V. mit diesen Gegebenheiten ein künstlerisches Konzept entwickelten.
Das erarbeitete künstlerische Konzept war die Grundlage für das pädagogische Arbeiten mit den Jugendlichen und dem Bilden eines stärkeren Netzwerks für junge Menschen in Brackenheim.
In „normalen“ Projekten steht entweder die Zielgruppe sehr genau fest oder die „Aufgabe“, häufig sogar beides. Anders erklärt: Man weiß, dass man mit Schule XY Theaterstück ZX aufführen will, oder im pädagogischen Bereich, dass man mit Clique AB Problem CD bearbeiten muss und deswegen mit dieser Clique z.B. in den Hochseilgarten geht.
Bei unserem Projekt stand weder der Adressat noch die konkrete Arbeit fest, sondern nur die Idee und das Ziel. Wir haben also ein loses Netzwerk und eine Idee, ein Ziel. Solche Strukturen finden sich normalerweise in Terror-Netzwerken oder extremistischen Untergrundbewegungen. Daher sah unser künstlerisches Konzept vor diese Negativierung umzudrehen und ein Netzwerk des Positiven zu gründen. Statt Anschläge, die nur schlechtes den Menschen und der Stadt bringen wollten wir „Funschläge“ erarbeiten. Unter „Funschlägen“ verstanden wir während des Projektes kurze Aktionen im öffentlichen Raum, die entweder den Menschen unerwartet etwas Gutes passieren lassen oder sie kurz aus ihrem Alltag entreißen und sie zum Schmunzeln bringen. Mit diesen „Funschlägen“ wollten wir verschiedene Menschen, die entweder Zeuge des „Funschlags“ oder durch Mitmachen bei einer Aktion dazu bringen sich miteinander zu Unterhalten und sich kennen zu lernen. Denn durch den positiven persönlichen Kontakt wächst Verständnis und somit Respekt für den Gegenüber.
Ein weiterer „Nebeneffekt“ (der bei uns eigentlich ein Hauptziel ist), ist dass wir die „Funschläge“ mit der Kamera begleitet haben und die Jugendlichen z.B. bei der Ortswahl des „Funschlags“ sich auch Gedanken über den Ort selber machen. Ein O-Ton eines Jugendlichen im Projekt: „Schade, hier kann man nicht filmen, da liegt zu viel Müll rum. Das sieht dann auf'm Video scheiße aus.“ Es wurde sich auch über die eine oder andere Schmiererei moniert, etc. Dadurch, dass die Orte also aus einer anderen Perspektive betrachtet wurden, sah man den Ort und auch wie er genutzt wird anders. Daraus ergibt sich dann, dass die Jugendlichen mehr Respekt gegenüber den Orten, an denen sie sich aufhalten entgegenbringen und vielleicht beim nächsten Mal ihren Müll nicht einfach irgendwo liegen lassen oder Dinge zerstören, beschmieren etc.
Ab Januar startete die zweite Phase des Projektes. Hier wurden erste „Funschläge“ mit den Jugendlichen erdacht und durchgeführt. Bei den ersten Aktionen ging es hauptsächlich darum zu sehen, wie man solche Aktionen planen und durchführen muss damit sie tatsächlich funktionieren und auch ein brauchbares Video mit den Filmsequenzen am Ende zu schneiden ist.
Die ersten Aktionen waren daher weniger aufwendig geplant. So sind wir abends z.B. an den ZOB gegangen und haben den von der Arbeit heimkommenden Brackenheimern heißen Tee und Kekse angeboten und sie herzlich willkommen geheißen, schön dass Sie/Du wieder da bist. Bei dieser Aktion sind wir mit dem restlichen Tee und den Keksen auch noch durch die Innenstadt gegangen und haben so den Menschen eine Freude gemacht.
Auch die Regenschirmkugel wurde erstmals ausprobiert und lief über die Zebrastreifen einmal rund um den Kreisverkehr am Jugendhaus, was viele vom im Berufsverkehr feststeckenden Autofahrern und zufällig anwesenden Fußgängern mit einem großen Schmunzeln quittiert wurde und sie für einen kurzen Moment aus der Hektik und dem nervigen Feierabendverkehr entriss und ihnen den Tag auf diese Weise versüßte.
An einem sehr kalten Tag haben wir Wärmeflaschen, Wollmützen und Handschuhe, sowie wieder heißen Tee an die frierenden Wartenden an der Bushaltestelle „Jugendhaus“ verteilt. Bei dieser Aktion funktionierte es erstmals, dass wildfremde Menschen miteinander ins Gespräch kamen. Zwei aus dem Kosovo stammende junge Männer, die aussahen wie Gangster standen am einen Ende der Bushaltestelle, eine alte Dame mit Rollator saß im Wartehäuschen. Am Ende standen alle drei vor dem Wartehäuschen und unterhielten sich angeregt und teilten sich zu dritt die beiden Wärmflaschen, die beiden jungen Männer halfen der Dame dann auch noch in den Bus.

Nach und nach wurden unsere Aktionen aufwendiger und besser, es kristallisierte sich auch eine Gruppe an Jugendlichen heraus, die sich als Kernteam der „336-Aktions-Gruppe“ verstanden und die Aktionen stark mitprägten. Es stellte sich ebenso heraus, dass die anfänglich von uns geplanten Workshops an Samstagen eher schwierig sind, da die Jugendlichen lieber mehr Aktionen machen wollten statt größerer Aktionen mit viel Vorbereitung. Daher schalteten wir einfach auf mehr Aktionen um und versuchten immer und immer wieder lustige oder schöne Dinge in Brackenheim passieren zu lassen.

Am Samstag vor Ostern war ein Regenschirm-Osterei in der Innenstadt unterwegs und verteilte Schoko-Osterhasen, an einem heißen Samstag gab es auf einmal an der Eisdiele Eis, dass von unbekannten schon bezahlt war oder Jugendliche sprachen wildfremde Leute an und wollten sie einfach mal kennen lernen.
Auf Netzwerkebene gab es zu dieser Zeit dann auch ein Netzwerktreffen, zu dem alle Vereine und Institutionen in Brackenheim eingeladen wurden um ihnen das Projekt vorzustellen und sie einzuladen eigene Aktionen zu machen. Leider ergab sich aus dem Netzwerktreffen keine direkte neue Aktion, auch wenn Interesse da war. Jedoch hatten die Vereine und Institutionen alle bedenken, dass sie es personell nicht hinbekommen und wollten lieber unterstützen statt selber machen.
Trotzdem ergab sich eine Aktion, die wir zusammen mit einer Klasse der Henry-Miller-Schule machten. Die Schüler buken herzhafte Muffins und verteilten diese an Verkäufer/innen in den Läden, sowie weiteren Passanten. Weitere Aktionen kamen leider nicht zustande.

In der letzten Phase des Projekts wurde dann der Youtube-Kanal veröffentlicht mit den kurzen Filmen zu unseren Aktionen und die Aktionen auch aufwendiger.
So liefen eines Samstags mehrere „Smombie-Führer“ durch Brackenheim, die an ihren Leinen mehrere „Smombies“ durch Brackenheim führten. Smombies ist ein Kunstwort aus Smartphone und Zombie und bezeichnet Menschen, die ihre Umwelt nicht mehr wahrnehmen, da sie nur aufs Smartphone schauen. Da die Jugendlichen sich dieses Vorwurfes immer wieder ausgesetzt fühlten wollten sie eine Aktion hierzu machen. Die Reaktionen von Passanten wurden auch dadurch provoziert, dass der Smombie-Führer auch mal die Smombie-Leinen einer zufällig vorbeikommenden Person in die Hand drückte oder ähnliches.  Interessanter Weise ergaben sich an diesem Nachmittag viele Gespräche zwischen Jugendlichen und Erwachsenen darüber, wie man sich gegenseitig wahrnimmt.

Die letzte Phase des Projektes spitzte sich dann immer weiter auf eine letzte ganz große Aktion hinzu. Da die Jugendlichen ein Freibad in Brackenheim vermissen war die künstlerische Idee schnell geboren. Wir bauen uns ein Freibad. Da ein Schwimmbecken zu bauen aufwendig und nahezu nicht machbar ist, wurde daraus am 27.07. das erste Brackenheimer Planschbecken-Picknick. Auf der Wiese hinter dem Bürgerzentrum wurden etwa ein halbes Dutzend Planschbecken aufgestellt, teilweise waren sie vom Jugendhaus, teilweise von den Jugendlichen mitgebracht, teilweise neu erstanden, sowie ein Grill und Sitzgelegenheiten. Die Jugendfeuerwehr füllte uns um kurz vor 14:00 Uhr die Planschbecken. Kurz davor verteilten die Jugendlichen überall in Brackenheim Hinweisschilder zum Planschbecken-Picknick, aus denen hervor ging, dass wir alle einladen zum Picknicken. Zu essen gab es Brötchen und diverse Sachen vom Grill, natürlich alles kostenlos, zu trinken gab es Eistee und selbstgemachte Limonade, ebenfalls umsonst und neben den Planschbecken gab es diverse Tischspiele, eine Schaumkussschleuder und allerlei Bälle und anderes „Outdoor“-Spielzeug. Als um 14:30 Uhr dann auch der Regen nachließ kamen tatsächlich einige Familien, Kinder und Passanten und aßen, tranken und spielten. Einige Jugendlichen nahmen trotz des Wetters das Wagnis auf sich und sprangen in die Planschbecken. Auch bei dieser Aktion fanden viele Gespräche zwischen den wildfremden Personen aus verschiedenen Schichten und Generation statt, die sich einfach nett miteinander Unterhielten ohne sich vorher zu kennen.
Leider war diese Aktion unsere letzte Aktion, Ideen von den Jugendlichen für weitere Aktionen gäbe es mehr als genug.

 

Nach dem Projekt wird es noch eine interne Auswertung des Projektes geben, diese wird kurz nach den Sommerferien stattfinden. Außerdem soll noch aus dem gesamten Videomaterial ein „Gesamt-Video“ geschnitten werden und dieses dann in einem besonderen Rahmen nochmal der Öffentlichkeit vorgeführt werden um die Aktionen und den Sinn des Projektes nochmal in die Öffentlichkeit zu tragen.

Alles in allem war es ein gelungenes Projekt, auch wenn besonders auf der Ebene andere Vereine dazu zu bringen selber Aktionen zu machen, das Projekt leider nicht erfolgreich war. Es sind aber viele neue Kontakte zwischen Erwachsenen und Jugendlichen, verschiedenen Jugendlichen untereinander (die sich auch vorher nicht kannten) und zwischen Vereinen und Institutionen entstanden. Die eigene Stadt wurde von den Jugendlichen nochmals aus neuen Blickwinkeln erlebt und somit ist das Bewusstsein für Orte und ihren Wert geschärft worden. Aus diesen Bausteinen entsteht der Respekt vor Menschen und Dingen, daher sind wir als Projektteam mit dem erreichten sehr zufrieden und würden gerne weitere Projekte dieser Art durchführen.

Projektträger
Diakonische Jugendhilfe Heilbronn gGmbH
Siegfried Gruhler
Walder-Weissert-Straße 6
75031 Eppingen-Kleingartach
Deutschland
Telefon: 
07262-25535-0
Fax: 
07262-25535-3007
Themenfeld
Region, Partner
Infos
Zuletzt geändert: 
09.10.2018 - 14:45
Inhaltstyp: 
projekt
Beitrag Id: 
257705