Wer ist Deutschland?

Wer ist Deutschland?

Snapshot Bildung und Schule
Projektbeschreibung

Das Projekt „Wer ist Deutschland“ von Element 3 und dem Jungen Theater Freiburg  ist Teil einer Langzeitrecherche (2011-2013). Es beschäftigte sich mit dem individuellen Blick junger Menschen verschiedener Herkunft auf das Einwanderungsland: Was ist Heimat? Wer bestimmt, wer unter welchen Kriterien integrierbar ist? Warum wird die Vielfalt als Problem angesehen statt zu schauen, was die Menschen eigentlich mitbringen? Warum wird über Integration gesprochen statt über neue Formen des Deutschseins? Ist Deutschland bereits ein gelebtes Einwanderungsland oder ist es eine Wunschvorstellung? In Kooperation mit Freiburger Schulen und einem Flüchtlingswohnheim in dem bürgerlichen Stadtteil Freiburg-Littenweiler sind wir diesem brisanten Thema nachgehen.
Wir beschäftigten uns im Februar 2012  in einer kulturellen Themenwoche unter dem Titel „Gefilte Fisch und Döner" intensiv mit der jüdischen und muslimischen Kultur innerhalb der deutschen Kultur. Das Programm beinhaltete Lesungen mit den Jungschriftstellerinnen Lena Gorelik und Sineb El Masrar, Workshops für Schulklassen unterschiedlicher Schulformen, einen internationalen Frauenabend sowie einen reinen Männerabend.
Im zweiten Teil – dem 90-minütigen Theaterparcours „Wir sind Deutschland“ – nahmen wir uns den Themen Heimat, Identität, Integration, Fremdheit und Zugehörigkeit an und sammelten persönliche Geschichten. Bei den szenischen Proben trafen Schüler_innen der internationalen Römerhof-Schule ­–Flüchtlinge aus Afghanistan, Iran, Syrien, Irak und Rumänien – auf deutsche Jugendliche aus den Jugendclubs des Theater Freiburg. Parallel dazu wurde mit einer großen Gruppe von Frauen aus dem Balkan im Theater Freiburg eine spezielle Szene zur Stellung der Frau und wichtigen Frauenritualen in der Roma-Kultur erarbeitet. Während der Vorstellungen waren diese Rituale nur dem weiblichen Publikum zugänglich, die so einen authentischen Einblick in die Roma-Kultur erhielten. Die Männer nahmen parallel an einem Gebetsritual teil.
Bei dem Theaterparcours, der in dem Freiburger Flüchtlingswohnheim stattfand, wanderten die Zuschauer durch unterschiedliche performative Räume. Begleitet von Live-Musik wanderten die Zuschauer vom Stadtteil ins Wohnheim wanderten, wo sie zum Beispiel im Sozialbüro einer inszenierten Anhörung auf Asyl-Anerkennung folgen konnten, im Waschraum eine Fluchtgeschichte hörten oder Installationen und Szenen in den Wohnungen der Bewohner_innen besuchten. Das gesamte Wohnheim mitsamt aller Bewohner_innen wurde zum Spielort. Zwischenszenen auf dem Platz wurden speziell mit den Kindern erarbeitet. Zum Abschluss kamen alle zu einer fulminanten Abschluss-Choreografie und einem kulinarischen Fest mit Live-Musik zusammen.

Musikalisch begleitet wurde der Parcours vom „Heim- und Flucht Orchester“, eine heterogene musikalische Gruppe, in der klassisch ausgebildete junge Musiker_innen auf die improvisierte Live-Musik von Roma-Jugendlichen sowie auf orientalische Musik von Jugendlichen aus Syrien und dem Irak trafen.

Das ambitionierte Gesamtprojekt unternahm den Versuch, kulturelle und künstlerische Bildung dialogisch zu gestalten und die Thematik lebensnah und authentisch mit den Mitteln des Theaters und der Musik zu verhandeln – eben aus der Wohlfühlzone des Theaters herausgehend, dort wo die Menschen leben. Ein wichtiger Aspekt dabei war die Einbeziehung aller Teilnehmer_innen in die künstlerischen und organisatorischen Prozesse. Durch die starke künstlerische Form und die Partizipation wurde die Gefahr des Voyeurismus gebannt. Das Projekt ermöglichte sowohl zwischen den Teilnehmenden untereinander als auch zwischen den Bewohner_innen und dem Publikum eine Begegnung auf Augenhöhe.
Die komplett ausverkauften Vorstellungen wiesen ein immenses gesellschaftliches Interesse auf. Das Projekt verstärkte zudem den sozialen Austausch zwischen den Anwohner_innen im Stadtteil und den Bewohner_innen im Flüchtlingswohnheim.

Es entstanden Patenschaften für Flüchtlingsfamilien und nachhaltige Freundschaften unter den Jugendlichen im „Heim und Flucht Orchester." Die internationale Frauencatering-Gruppe die sich 2013 im Rahmen des Projekts gegründet hatte, beliefert bis heute Festivitäten in der Stadt.

Gesamtzahl Teilnehmer: ca. 80 + 50 Kinder
Zuschauerzahl Gesamtprojekt: 800

Blog zur Themenwoche:
https://weristdeutschland.wordpress.com/category/projektarchiv-2011-2013/2012-themenwoche-gefilte-fisch-und-doner/

Trailer zum Theaterparcours:
https://weristdeutschland.wordpress.com/2013/10/14/trailer-wir-sind-deutschland/

Projektträger
Element 3, Jugend, Kultur, Konzept
Neuhäuserstraße 4
79117 Freiburg
Deutschland
Telefon: 
0761-6966755
Fax: 
0761/6966755